Von der Vergangenheit in die Zukunft der Gewächshäuser, eine kleine Reise durch die faszinierende Entwicklungsgeschichte der Glashäuser – von ihren Anfängen bis hin zu den modernen Kultur-Gewächshäuser.

Gewächshäuser sind seit Mitte des 20. Jahrhunderts ein wichtiger Bestandteil des Garten- und Gemüsebaus. Die Geschichte der Gewächshäuser reicht jedoch weit in die Vergangenheit zurück. Laut Literatur sollen die frühesten Gewächshäuser aus dem antiken Römischen Reich stammen und wurden für den Anbau von exotischen Pflanzen verwendet. Anfangs wurden Gewächshäuser aus Holzkonstruktionen gebaut, aber im Laufe der Zeit setzte man zunehmend auf Stahlkonstruktionen.
Trotz dieser frühen Entwicklungen dauerte es bis zum Ende des 19. Jahrhundert, bis sich Gewächshäuser als wichtige Werkzeuge in der Anzucht von Pflanzen etablieren konnten. Einer der Gründe dafür war, dass Glasscheiben davor noch sehr teuer waren und nur die wohlhabenden Schichten sie sich leisten konnten. Gewächshäuser wurden oft als Gesellschaftsräume oder Orangerien genutzt und fanden Verwendung in botanischen Gärten und städtischen Pflanzenüberwinterungsräumen.
Im späteren 19. Jahrhundert erlebten Gartenbaukonstruktionen in England einen Aufschwung dank einer seltenen und langlebigen Holzart namens Pechkiefer (Pitch Pine, Pinus rigida) aus Amerika. Besonders in den 1880er Jahren erreichten diese Gewächshäuser ihren Höhepunkt, als zahlreiche Orchideenhäuser aus diesem Material auf britischen Privatgrundstücken und in Gärtnereien entstanden. Die Beliebtheit der englischen Gewächshäuser verbreitete sich sogar bis in die Schweiz.
Diese Gewächshäuser repräsentierten damals einen Höhepunkt der Gartenbautechnologie und zeigten außergewöhnliche Strukturen, die die beeindruckenden Eigenschaften der Pechkiefer als Baumaterial hervorhoben. Ihre Qualität und Technologie wurden mit dem Prestige verglichen, das ein Rolls Royce in der Automobilindustrie verkörpert. Bis heute bewahren wenige Exemplare ihre Wertigkeit und Einzigartigkeit, ihre beeindruckende Handwerkskunst wird als das Nonplusultra im Gartenbau bezeichnet.

Die Struktur, die auf Stützmauern ruht, besteht aus Holz, genauer gesagt aus Pechkiefer.

Das außergewöhnliche Gewächshaus aus dem 19. Jahrhundert ist ein britisches Produkt, das als Orchideenhaus konzipiert wurde.

Die Holzkonstruktion dieses Gewächshauses stellt ein rein britisches Meisterwerk dar, das zweifellos von hochqualifizierten Facharbeitern aus dem Norden von Manchester gefertigt wurde. Dieses Gewächshaus steht in Pregny GE. Es ist in der Schweiz einzigartig und verkörpert einen historisch-technologischen Höhepunkt. Gewächshäuser aus Pechkiefer waren im 19. Jahrhundert stehts weit verbreitet, doch heute sind nur noch ganz wenige Exemplare erhalten, und dieses gilt als herausragendes Beispiel für Qualität und Ästhetik.

Das Palmenhaus ‘Jardin d'hiver’ (Wintergarten) im Botanischen Garten Genf wurde im Jahr 1911errichtet und besticht durch seine filigrane, 6cm dünne Metallstruktur und 6mm Glas. Im Jahr 1935 erfolgte ein Umzug vom ursprünglichen Standort, dem Ariana Grundstück auf das aktuelle Gelände des Botanischen Gartens. Das Gewächshaus wurde 1997 bis 1998 einer umfassenden Restaurierung unterzogen, um seinen früheren Glanz wiederherzustellen. Es gilt als Meisterwerk der Gewächshaus-Architektur und ist ein Highlight des Botanischen Gartens Genf. Dieses wunderschöne Gewächshaus wird heute noch manuell gelüftet und schattiert. Die Gewächshaus-Metallstruktur ist im Vergleich zu modernen Gewächshäusern erstaunlich schlank, erfüllt jedoch höchste Sicherheits- und Klimatisierungsstandards. Es ist eine architektonische Meisterleistung von Henri Juvet und Isan Verrier Amiguet-Perrier, diesen großen Raum mit minimalem Materialaufwand zu gestalten.

Die Geschichte der Gewächshäuser zeigt, dass sie nicht nur zu einer wichtigen Entwicklung der heutigen Pflanzen- und Gemüseproduktion beiträgt, sondern auch eine technisch faszinierende Entstehungsgeschichte hinter sich hat. Der Werdegang der Gewächshauskonstruktionen war eng mit ihrem Einsatz verbunden:

Anfänglich baute man Glashäuser speziell für die darin angebauten Kulturen, sogenannte Kulturhäuser wie: Reben-, Nelken-, Rosen-, Cyclamen-, Gurken-, Tomatenhäuser usw. Die Architektur dieser Gewächshäuser war individuell den Ansprüchen der Kulturen aber auch der Betreiber angepasst. Aus energetischen Gründen entstanden die sogenannten Erdgewächshäuser vor allem als Anzuchthäuser für Aussaaten und die Jungpflanzenproduktion. Diese waren im Boden eingelassen, der Eingang war nur über eine Treppe erreichbar.

Gurkenhaus mit Heizungsanlage als Anlehngewächshaus, wie sie Ende des 19. Jahrhunderts benutzt wurden. Für die Produktion von Trauben benutzte man dieselbe Art Gewächshäuser, nur dass die Rebstöcke direkt in den Boden gepflanzt wurden und die Warmwasserrohre ausschliesslich oberirdisch installiert waren. Die Backsteinmauer auf der Nordseite diente als Wärmespeicher für die Nacht.
Zeichnung nach historischen Gewächshauspläne RS

 

Erdgewächshäuser wurden Ende des 19. bis Mitte des 20. Jahrhunderts gebaut. Es handelte sich dabei um Häuser mit dicken Mauern, die größtenteils in den Boden eingelassen waren. Von außen betrachtet ähnelten sie Doppel-Treibkästen, während sie von innen begehbar waren und als Gewächshäuser dienten. Der Zugang erfolgte in der Regel über eine Treppe. Diese Häuser waren energieeffizient im Winter und kühl im Sommer. Zum Lüften hob man unten die einzelnen Fenster von außen her hoch (analog dem Lüften von Doppelkästen).
Foto 2023 Rothschild Gewächshäuser in Pregny GE ca.1910 (RS)

 

Erdhäuser reiften im Laufe der Zeit immer weiter zu dichten Anzuchthäusern, die in jeder Dorfgärtnerei anzutreffen waren. Auf dem Bild sieht man eine historische Dorfgärtnerei aus den 1950er und 60er Jahren. Im Vordergrund einfache Frühbeetkästen und anschliessend Doppelkästen. Im Hintergrund ein sogenanntes Vorhaus, das als Arbeitsraum diente mit dem Anzuchthaus als Semi-Erdhaus. So ähnliche Gärtnereistrukturen gab es in fast allen grösseren Ortschaften der Schweiz. Leider musste auch dieses Gewächshaus-Bijoux der Gemeindegärtnerei Ibach (SZ) vor ca. 15 Jahren einem Folienhaus Platz machen!

So bildeten sich Gewächshäuser im Laufe des 20. Jahrhundert zu wichtigen Werkzeugen für den Garten- und Gemüsebau, insbesondere in Regionen mit kaltem Klima.
In den 1960er Jahren wurde Float-Glas industriell hergestellt und hat seither die meisten anderen Methoden zur Flachglasherstellung weitgehend verdrängt. Float-Glas wurde als hochwertiges und bezahlbares Basisglas für Gewächshäuser verwendet. Gleichzeitig wurden Kunststoffe wie Polyester und Plastik-Folien (PVC und PE) für die Gewächshauseindeckung entwickelt.
Diese Fortschritte legten den Grundstein für die industrielle Produktion von Gewächshäusern.
Im Laufe der Zeit entstanden immer mehr Produktionsgärtnereien für Zierpflanzen, Gemüse und später auch Beerenanbau. Heutzutage sind Gewächshäuser aus der modernen Landwirtschaft nicht mehr wegzudenken und werden in vielen verschiedenen Größen und Ausführungen hergestellt.

Solche Dorfgärtnereien aus den 60er Jahren werden immer noch betrieben. Diese Gewächshäuser sind die  Weiterentwicklung der Erdhäuser und Vorstufe der deutschen Normhäuser. Foto Schleitheim 2010

Um die verschiedenen Bauweisen und Typen von Glas-Gewächshäusern zu vereinheitlichen, wurde1971 erstmals das deutsche Normgewächshaus entwickelt. Die Maße der einzelnen Bauteile wurden in der Norm DIN 11536 genau festgelegt. Die Rahmenkonstruktion bestand aus Bindern, Pfetten und Sprossen, auf denen die Glasscheiben oder Kunststoffplatten befestigt wurden.
Bei den deutschen Normgewächshäusern betrug der Binderabstand immer 3.065m, dieses Rastermass galt auch für die Gewächshausbreiten. Die Höhe der Seitenwände, die sogenannte Stehwandhöhe, betrug entweder 2,30m oder 2,80m. Die Nennbreite der Gewächshäuser konnte nach den Bedürfnissen der Betriebe zwischen 3m, 6m, 9m, 12m, 15m und 18m gewählt werden, diese ergab sich nach dem Baukastenprinzip aus der Zahl der verwendeten Bauteile.
So entwickelten sich in verschiedenen Ländern die Breitschiff Gewächshäuser nach diesem Muster.
Um den Anforderungen der europäischen Länder gerecht zu werden, wurde dieser Gewächshaustyp in Deutschland weiterentwickelt. Auch in der Schweiz orientierten sich Gewächshaushersteller wie Allenspach und Gysi an dieser Bauweise. Diese Breitschiffbauweise ist teilweise auch heute noch, vor allem für Gartencenter, aktuell.

In Holland entwickelte sich schon früh eine eigenständige Gewächshausbauweise. In den 1920er Jahren entwickelte das Kaufhaus Venlo ein beheiztes Gewächshaus für die Produktion von Gemüse und Zierpflanzen unter Glas. Das Venlo-Gewächshaus war eine einfache, kostengünstige und standardisierte Bauweise. Die erste Generation hatte eine Breite und einen Pfostenabstand von je 3.20m. Die folgenden Generationen erhielten eine tragende Unterkonstruktion aus waagrechten Gitterbinder mit auf Punktfundamente verankerten Pfosten. Es wurden zwei oder später drei Kappen mit jeweils 3,20 Metern auf einen Gitterbinder gebaut (Schiffbreiten von 6,40m und 9,60m).
Heutzutage werden meist Kappenbreiten von 4,00m oder 4,80m (Schiffbreiten von 8,00m und 9,60m) bei Venlo-Gewächshäusern verwendet. Diese standardisierte Blockbauweise ermöglichte einen modularen Ausbau und war im Vergleich zum deutschen Normgewächshaus wettbewerbsfähiger im Preis. Die Wahl des Gewächshaustyps wurde auch von der geografischen Lage des Betriebs beeinflusst.

Das deutsche Normgewächshaus wurde 1971 entwickelt, um die Bauweisen von Glas-Gewächshäusern zu vereinheitlichen. In anderen Ländern entstanden Breitschiff-Gewächshäuser nach diesem Vorbild. Parallel dazu entwickelte die Niederlande das kostengünstige und standardisierte Venlo-Gewächshaus mit einer tragenden Unterkonstruktion aus waagrechten Gitterbindern und auf Punktfundamente verankerten Pfosten. Die Sprossen wurden direkt auf den Rinnen montiert.

Das deutsche Normgewächshaus wurde 1971 eingeführt, um einheitliche Bauweisen für Glas-Gewächshäuser zu schaffen. Es bestand aus Rahmenkonstruktionen mit Bindern, Pfetten und Sprossen für die Befestigung von Glasscheiben oder Kunststoffplatten. Diese Normen für die Breitschiffbauweise, die in ganz Europa Nachahmung fanden, wurde weiterentwickelt. Diese Bauweise findet noch heute, vor allem für die Gartencenter Anwendung, und wurde auch von Herstellern in der Schweiz wie Allenspach und Gysi gebaut.

 

Das Venlo-Gewächshaus ist eine eigenständige Gewächshausbauweise, die sich in den 1920er Jahren entwickelt hat. Es zeichnet sich durch eine einfache, kostengünstige und standardisierte Konstruktion aus. Auf den Bildern sehen wir die zweite Generation  aus den 60er und 70er Jahren. Diese verfügten über waagrechte Gitterbinder mit zwei oder drei Kappen pro Schiff, wobei jede Kappe eine Breite von 3,20 Metern hatte (Schiffbreite 6.40 und 9.60m).

 

Ausstattung

Im Bereich der Ausstattung waren Glashäuser bereits früh mit guten Lüftungssystemen ausgestattet. Im 19. Jahrhundert verfügten Produktionsgewächshäuser bereits über First- und Seitenlüftungen, die teilweise auch manuell zentral angetrieben wurden. Die Schattierung mit abrollbaren Tüchern, später mit Holzgittern über dem Glas, war ebenfalls ein Teil der effizienten Klimatisierung dieser Gewächshäuser. Wer heute noch über hundert Jahre später historische Gewächshäuser betritt, wird überrascht sein, wie gut sich das Sommerklima anfühlt.

Bereits im 19. Jahrhundert waren Produktionsgewächshäuser mit First- und Seitenlüftungen ausgestattet, von denen einige, wie die hier gezeigte Firstlüftung, manuell zentral betrieben wurden.

Bereits früh im Einsatz waren zur effizienten Klimatisierung im Sommer abrollbare Holzgitter über dem Glas. Diese Schattiergitter können nach oben aufgerollt werden und sind unter einem kleinen Glasdach vor Witterungseinflüssen geschützt.

Die Entwicklung der Heizsysteme in Gewächshäusern war von vielen Experimenten geprägt. Frühzeitig etablierte sich jedoch die Verwendung von Warmwasserheizungen, die mit Schwerkraft betrieben wurden. Bei einer Schwerkraftheizung wird der Kreislauf durch den unterschiedlichen Gewichtsunterschied von warmem und kaltem Wasser ermöglicht. Da warmes Wasser bei gleichem Volumen leichter ist als kaltes Wasser, steigt das warme Wasser in den Vorlauf, der sich in den höher gelegenen Rohren befindet. Anschließend fällt das abgekühlte Wasser im Rücklauf in die tiefer gelegenen Rohre zurück zum Heizkessel. Dabei ist es wichtig, dass der Kessel sich am tiefsten Punkt befindet. Heutzutage werden die Heizkreisläufe in der Regel mithilfe von Pumpen betrieben, um eine effizientere Kontrolle und Verteilung der Wärme zu gewährleisten.

Es existieren noch viele weitere Entwicklungen in Bezug auf Bewässerungssysteme, Tische und Transportsysteme, Beleuchtung und CO2-Begasung, die jedoch den Umfang dieses Artikels sprengen würden. Die Geschichte der Gewächshäuser ist eine fortlaufende Entwicklung, die bis heute anhält, da immer wieder neue Technologien und Methoden entwickelt werden, um den Anbau von Pflanzen in kontrollierten Umgebungen zu verbessern.

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